Durch den normalen Betrieb von Anlagen, aber auch durch Unfälle, Leckagen und Kriegseinwirkungen sind auf vielen Industrieflächen Bodenverunreinigungen entstanden. Diese sind aber nur selten gleichmäßig über einen Standort verteilt, sondern konzentrieren sich überwiegend auf die Flächenareale, auf denen sie entstanden sind.
Will man nun gezielt die Bodenbelastung in Art und Umfang ermitteln, so muss man zunächst wissen, wo auf dem Gelände altlastrelevante Nutzungen stattgefunden haben:
- Wo standen welche Betriebsanlagen?
- Welche Kontaminationsrisiken sind mit dem Betreiben dieser Anlagen verbunden?
- Wo wurde ggf. verfüllt und abgelagert?
- Gab es Schäden durch Kriegseinwirkungen oder Unfälle?
Genau diese Fragen werden durch die standortbezogene Erhebung von Altlasten bzw. Historische Erkundungen / Historische Recherchen beantwortet. Es geht prinzipiell darum, im Vorfeld der Gefährdungsabschätzung möglichst viele Informationen zu sammeln, die Hinweise auf mögliche Kontaminationen liefern.
Die Methodik der Erhebungen zielt dabei auf eine sukzessive Informationsverdichtung durch die Auswertung verschiedener, voneinander unabhängiger Informationsquellen ab. Da es kaum Quellen gibt, denen Informationen zur Lage und Art kontaminationsverdächtiger Flächen direkt zu entnehmen sind, müssen die Informationen indirekt erschlossen werden. Dazu kommen in Frage:
- die Archivrecherche mit der Auswertung des erhaltenen ungedruckten wie gedruckten Dokumentationsgutes in öffentlichen Archiven sowie in den behördlichen (Alt-) Registraturen
- die multitemporale Kartierung, d. h. die Auswertung georäumlich-flächenabbildender Quellen verschiedener Entstehungszeiten, speziell
- die Auswertung der Erstausgaben und Fortführungen amtlicher topographischer Karten in Maßstäben von 1:25.000 und größer sowie
- die Interpretation von Luftbildern, wie sie aus Flächen-, Trassen- und anderen Befliegungen vorliegen,
- die Zeitzeugenbefragung, also die Befragung von ehemaligen Werksangehörigen und sonstiger Gewährsleute zu spezifischen Nutzungen bzw. Ereignissen.
Die Ergebnisse der Untersuchung werden in einem schriftlichen Gutachten dargestellt, zu dem auch immer ein Kartensatz gehört, in dem möglichst großmaßstäbig kontaminationsrelevante Nutzungen wie z.B. Betriebs- und Produktionsanlagen, Ablagerungen und auch Kriegseinwirkungen flächendifferenziert dargestellt und im Hinblick auf Kontaminationsrisiken fachlich beurteilt werden.
Grundsätzlich geht es also bei standortbezogenen Recherchen um die Frage, wo innerhalb einer Liegenschaft mögliche Belastungsschwerpunkte lokalisierbar sind, auf welche Art von Nutzungen bzw. Ereignisse diese Belastungsschwerpunkte zurückzuführen sind und wie sie im Hinblick auf ihre Erheblichkeit eingeschätzt werden müssen.
Letzteres - die fachliche Beurteilung der Erfassungsbefunde - ist ein Kernstück des Erfassungsgutachtens. Die ermittelten Befunde (Gebäude und Anlagen, Ablagerungen etc.) sind im Hinblick auf ein Kontaminationsrisiko nicht alle gleich einzuschätzen, sondern sie unterscheiden sich je nach Nutzungsart und -dauer. Ein Öllager innerhalb einer Liegenschaft ist hinsichtlich eines Kontaminationsrisikos höher einzuschätzen als ein Kesselhaus. Ebenso ist eine Verfüllung aus den 1960er Jahren aufgrund fehlender Umweltschutzgesetze (und mangelnden Problembewusstseins) kritischer einzuschätzen als eine Ablagerung aus den 1990er Jahren. In der Praxis hat sich eine dreistufige Risikodifferenzierung bewährt, die Flächen mit geringem, mittlerem und hohem Kontaminationsrisiko ausweist. So lassen sich Maßnahmen etwa der Gefährdungsabschätzung oder auch Planungsmaßnahmen einer Folgenutzung gezielt auf kritische bzw. unkritische Teilbereiche einer Liegenschaft konzentrieren.
Die Arbeit des "Altlastenerfassers" gleicht im Grunde der Arbeit eines Detektivs, der verschiedene Informationsquellen zur Aufdeckung nicht bekannter Tatbestände zu nutzen versucht. Schritt für Schritt wird die Vergangenheit eines Grundstücks rekonstruiert, indem historische Karten, Lagepläne, Luftbilder und Aussagen von Zeitzeugen ausgewertet, zusammengeführt, kartographisch umgesetzt und fachlich beurteilt werden.